Die AquaWand – ein DBU-Förderprojekt

Starkre­gen- und Hochwasser­schutz: DBU fordert, Fol­gen des Kli­mawan­dels bess­er zu managen

Osnabrück, 18.08.2015 (ots): “Wir müssen den Ausstoß von Treib­haus­gasen aus fos­silen Brennstof­fen rasch und stark ver­ringern und natür­liche Leben­sräume und Flus­sauen bess­er schützen. Starkre­genereignisse wie 2014 in Gera und Mün­ster oder ger­ade in Bad Essen, Melle oder Oelde zeigen,

dass in unseren verdichteten und kom­pakt gebaut­en Städten die Gefahr von Über­flu­tun­gen ständig wächst. Auch Flüsse und Natur brauchen wieder mehr Raum, um einen effek­tiv­en Hochwass­er- und Naturschutz ver­wirk­lichen zu können.”

– Mit diesen Worten unter­stre­icht Dr. Hein­rich Bot­ter­mann, Gen­er­alsekretär der Deutschen Bun­dess­tiftung Umwelt (DBU), die Notwendigkeit, “die Fol­gen des Kli­mawan­dels jet­zt und für zukün­ftige Gen­er­a­tio­nen bess­er zu man­a­gen.” Eine Studie des Pots­dam-Insti­tuts für Kli­mafol­gen­forschung habe ger­ade bestätigt, dass der Aufwärt­strend zuvor nie dagewe­sen­er Starkre­gen zum Anstieg der glob­alen Mit­tel­tem­per­atur passe, die von Treib­haus­gasen aus dem Ver­bren­nen von Kohle und Öl verur­sacht werde.

Die durch Starkre­gen mit großen Nieder­schlagshöhen und schw­eren Über­flu­tun­gen entste­hen­den Schä­den stellen einzelne Kom­munen vor große Prob­leme. Eine Schwierigkeit sei, dass sich lokale Starkre­gen räum­lich und zeitlich wesentlich schwieriger vorher­sagen ließen als Flusshochwass­er. Das von der DBU fach­lich und finanziell mit knapp 210.000 Euro geförderte inter­diszi­plinäre Mod­ell­pro­jekt “MURIEL” (Mul­ti­funk­tionale urbane Reten­tion­sräume: von der Idee zur Real­isierung) der Fir­ma MUST Städte­bau (Köln) und des Fachge­bi­ets Sied­lungswasser­wirtschaft der Tech­nis­chen Uni­ver­sität Kaiser­slautern, des Forschungsin­sti­tuts für Ökosys­te­m­analyse und ‑bew­er­tung gaiac (Aachen), der Bera­ten­den Inge­nieure der Fir­ma Dahlem (Darm­stadt) und der Deutschen Vere­ini­gung für Wasser­wirtschaft, Abwass­er und Abfall (Hen­nef) set­zt an diesem Punkt an: Kom­munen sollen für die Vor­sorge gegen Sturzfluten fit gemacht und aus­gewählte kom­mu­nale Verkehrs- und Frei­flächen mul­ti­funk­tion­al für gezielte Über­flu­tun­gen aus­gerichtet und gestal­tet werden.

Dazu gehören vor allem frühzeit­ige Anpas­sungs­maß­nah­men. Eine Möglichkeit sei, aus­re­ichend große Rück­halt­flächen für Extrem­nieder­schläge zu schaf­fen. An dem Pro­jekt sind die drei Beispielkom­munen Karl­sruhe, Köln und Wes­sel­ing beteiligt.

Die Wasser­wirtschaft und die Stad­ten­twässerung Bre­mens beschäftigten sich 2012 bis 2014 im Pro­jekt “KLi­maAn­pas­sungsStrate­gie” (KLAS) mit den Fol­gen extremer Regenereignisse für Bre­men und entwick­el­ten erste Ansätze, um den Umgang mit Über­flu­tun­gen im Sinne eines Risiko­man­age­ments bei öffentlichen Pla­nungsver­fahren zu verbessern. Das vom Bun­desumwelt­min­is­teri­um geförderte Pro­jekt lieferte Grund­la­gen­dat­en aus Nieder­schlagsabflus­sanaly­sen, die aufzeigten, welche Stadt­ge­bi­ete zunehmend von Starkre­genereignis­sen betrof­fen sein kön­nen. Im neuen DBU-geförderten Vorhaben der Dr. Pech­er AG (Erkrath) sollen nun diese Grund­la­gen weit­er­en­twick­elt und für die Prax­is ver­füg­bar gemacht wer­den. So soll eine neue Methodik entwick­elt wer­den, um stadt­ge­bi­etsweit unter anderem auch auf Basis geo­graphis­ch­er Infor­ma­tion­ssys­teme Analy­seergeb­nisse für städtis­che Pla­nung­sprozesse bereitzustellen.

Die Fir­ma CADFEM aus Graf­ing will mit fach­lich­er und finanzieller Unter­stützung der DBU (211.000 Euro) ein neues drei­di­men­sion­ales Sim­u­la­tionsver­fahren als prax­is­tauglich­es Werkzeug entwick­eln, um besseres Hochwasser­man­age­ment in Kom­munen zu ermöglichen. Es soll vor einem Starkre­genereig­nis detail­lierten Szenar­ien berech­nen, die an den tat­säch­lichen Ablauf anpassen, inner­halb kurz­er Zeit Entschei­dung­shil­fen zur Pla­nung von Abwehrmaß­nah­men liefern und neues Wis­sen für zukün­ftige Prog­nosen berück­sichti­gen. Bot­ter­mann: “Das Vorhaben besitzt beson­dere Rel­e­vanz im Hin­blick auf Über­flu­tungssim­u­la­tio­nen in städtis­chen Gebi­eten. Mit Blick auf das Ver­mei­den enormer Schä­den in der Umwelt, an Bausub­stanzen und von Gesund­heits­ge­fahren stellt es eine sig­nifikante Erweiterung der Möglichkeit­en des Hochwass­er-Risiko­man­age­ments im städtis­chen Raum dar.”

Vor dem Hin­ter­grund ihrer eige­nen Förder­ar­beit begrüßt die DBU die Entschei­dung der Bun­desregierung, in den näch­sten drei Jahren für einen besseren Hochwasser­schutz 300 Mil­lio­nen Euro bere­itzustellen. Auch den Wech­sel weg von ein­er auss­chließlichen Fokussierung auf den Deich­bau hin zum natür­lichen Hochwasser­schutz begrüßt die DBU. Ein­fach nur die Deiche weit­er zu erhöhen, reicht laut Bot­ter­mann nicht aus. Das Wass­er gelange umso schneller an die Unter­läufe der Flüsse, wo die zer­störerische Wirkung der Fluten noch gravieren­dere Aus­maße annehmen würde. “Die Struk­tur der Flüsse wird seit Jahrhun­derten durch Land­wirtschaft, Schiff­fahrt, Wasserkraft­nutzung und Bebau­ung stark beein­trächtigt. In Deutsch­land sind mehr als die Hälfte aller Bäche und Flüsse ein­schließlich ihrer Auen stark oder sog­ar voll­ständig verän­dert. Sie wur­den begr­a­digt, durch Wehran­la­gen, Wasserkraftwerke und Schleusen unter­brochen und bebaut – eine fatale Folge für Opfer von Hochwasserkatas­tro­phen, aber auch für die Lebe­we­sen in und am Wass­er”, sagt Bottermann.

Schon in der Ver­gan­gen­heit hät­ten Hochwass­er nach lang anhal­tenden Nieder­schlä­gen als Folge des Kli­mawan­dels zugenom­men, Infra­struk­tur zer­stört und Men­schen obdach­los gemacht. Deshalb sei die DBU im Hochwass­er- und Naturschutz tätig und sehe dort auch weit­er­hin drin­gen­den Hand­lungs­be­darf. Bot­ter­mann: “Grund und Boden sind mit­tler­weile das knapp­ste Gut. Es ist über­fäl­lig, dass land- und forstwirtschaftliche Flächen­nutzung, die Flächen­i­nanspruch­nahme durch Besied­lung und der Erhalt der Bio­di­ver­sität und damit der Flächenanspruch des Naturschutzes als ein zusam­men­hän­gen­des Prob­lem bear­beit­et wer­den. Sek­torale Betra­ch­tun­gen und Lösungsan­sätze sind nicht zielführend.”

Die Stiftung mit Sitz in Osnabrück hat mehrere nationale und inter­na­tionale Pro­jek­te an der Donau in Bay­ern, Ungarn, Polen, Rumänien und Bul­gar­ien gefördert. Obwohl beson­ders an der mit­tleren und unteren Donau großflächige Auen­leben­sräume durch Land­wirtschaft, Fis­cherei und Forstwirtschaft ver­lorenge­gan­gen seien, gebe es dort noch bemerkenswerte ursprüngliche Feuchtleben­sräume für bedro­hte Tier- und Pflanzenarten. Bot­ter­mann: “Mod­ell­hafte Pro­jek­te wie eine Deichrück­ver­legung an der Mit­tleren Oder in Polen zeigen, dass eine Revi­tal­isierung von Auen und Rena­turierung von Fließgewässer­sys­te­men wertvolle Leben­sräume erhal­ten und wieder­her­stellen kön­nen. Gle­ichzeit­ig schützen Revi­tal­isierungs­maß­nah­men und Pflege von Über­flu­tungs­flächen vor­beu­gend vor Hochwasser.”

Auch der Wieder­an­schluss von Altar­men ist neben dem Fließgewäss­er- und Arten­schutz ein wichtiges Instru­ment für einen am Naturschutz ori­en­tierten Hochwasser­schutz. Bot­ter­mann nen­nt ein aktuelles Rena­turierung­spro­jekt der Stadt Mannheim, das die DBU mit 225.000 Euro fördert: “Ein ehe­ma­liger Seit­e­n­arm des Rheins, der soge­nan­nte Schlauch­graben im Süd­west­en der Stadt, soll wieder an den Fluss ange­bun­den wer­den. Die Maß­nah­men sollen den Schlauch­graben auch für Amphi­bi­en wie Frösche, Kröten und Molche aufw­erten, um ihren knapp gewor­de­nen Leben­sraum wieder zu erweitern.”

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Bild: der Auf­bau der AquaWand in 3 Schritten

Während dieser natür­liche Hochwasser­schutz Über­flu­tun­gen von vorn­here­in ver­hin­dern soll, muss im akuten Fall von Hochwass­er aber wohl weit­er­hin auf tech­nis­chen Hochwasser­schutz zurück­ge­grif­f­en wer­den. Mit der soge­nan­nten AquaWand hat die Fir­ma Aquaburg aus Mün­ster mit Unter­stützung der DBU einen intel­li­gen­ten Objek­tschutz entwick­elt, der inner­halb von 15 Minuten aufge­baut wer­den kann. “Eine gegen Hochwass­er und Treibgut sehr wider­stands­fähige Schutzwand aus Kun­st­stoff­plane und Stahl­seil­netz wird an den kri­tis­chen Stellen prak­tisch unsicht­bar unter ein­er Abdeck­ung in ein­er Boden­rinne instal­liert. Im Falle eines dro­hen­den Hochwassers kann die Kon­struk­tion ohne Trans­port­l­o­gis­tik schnell und sich­er aufgestellt wer­den”, erk­lärt Bot­ter­mann. Das Sys­tem wurde von der TU Ham­burg-Har­burg nach inter­na­tionalen Prüf­s­tan­dards zer­ti­fiziert. Weit­ere Vorteile dieser Schutzwand seien ihre Anerken­nung durch Schadensver­sicherungs­ge­sellschaften und ein geringer Wartungsaufwand.

Quelle: https://umwelt-kompass.com/kompass/starkregen-und-hochwasserschutz-dbu-fordert-folgen-des-klimawandels-besser-zu-managen/